Kinderaugen staunen – die Schönheit der Natur feiern

Nicht das, was wir sagen, sondern das was wir sind, ist entscheidend!
Unsere Kinder erleben uns jeden Tag, in jeder erdenklichen Stimmung, in den verschiedensten Situationen. Sie scannen uns und werden unsere Kopie. Sie spiegeln uns wieder. Mein Bruder hat nicht nur das handwerkliche Geschick meiner Mama(!) vererbt bekommen. Er liebt es wie sie, an der Nähmaschine zu sitzen, mit dem einen Unterschied, dass sie die Familienflickwäsche bearbeitet und er eine Lederausrüstung für das nächste Mittelalter- Festival kreiert. Meine Schwester näht Babykleidung. Ich saß stundenlang bis spät in die Nacht, um die Kleidung der Straßenkinder zusammen zu flicken. Meine Oma war Schneiderin. Ich erinnere mich so gerne an die gemeinsamen Schlaghosen-Nähstunden mit ihr, auch wenn sie später froh war keine Nähmaschine mehr zu sehen und dieses Kapitel ihres Lebens abschließen zu können.
Ich bin davon überzeugt… unsere Kinder spüren, wo unser Herz hängt, was uns Freude macht, was uns wichtig ist, wo unsere Leidenschaft wohnt. Bis ein Sturz meine knapp 90 Jahre alte Oma außer Gefecht setzte, werkelte sie von früh bis spät in ihrem kleinen Garten. Das war ihre Arbeit und ihre Freizeit, ihre Sorge und ihre Leidenschaft. Die Fußgänger bleiben regelmäßig stehen, um ihren besonders sorgfältig angelegten Steingarten zu bewundern. Sie kennt jede Blume und jeden Strauch mit Namen. „Ohne den Garten werde ich depressiv“, sagt auch meine Mama mit wehmütiger Aussicht auf die kühlere Jahreszeit. Sie bewirtschaftet zwei Hochbeete, ein riesiges Blumen- und Kräuterbeet rund um den Garten und mindestens die doppelte Menge Garten nochmal im „alten Haus“. Damit versorgt sie mich, meine und ihre Nachbarschaft mit dem besten Biogemüse. Mit Stolz verkündet sie, dass sie das ganze Jahr kein Gemüse im Laden kaufen muss.
Ganz so passioniert bin ich nicht. Mich nervt es, wenn ich in den heißen Monaten täglich gießen muss und bei einem Kurztripp die mühevoll hochgezogenen und wöchentlich gedüngten Tomatenstauden zu trockenen Stangen verwelkt sind. Dennoch: Ich liebe schöne Blumen! Kein Baum ist für mich gleich. In der Schule hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, mir die verschiedenen Baum- und Pflanzenarten zu merken, da meine Mutter sie mir schon alle beigebracht hatte. Ich sah, wenn eine Blume wieder Wasser brauchte, hatte als Kind meine eigene Zitronenbaumzucht aus den Zitronenkernen der Küchenabfälle und versuchte mich im Veredeln dergleichen. Auch heute bin ich sehr froh über unseren kleinen Garten, der einen Hauch von Schönheit und Sinnlichkeit vermittelt ohne zu viel Arbeit zu machen. Im Gegensatz zu meiner Mutter habe ich mich entschieden, dass ich nicht mein Leben von grünen Blättern bestimmen lassen möchte („Ich kann dich dieses Monat nicht besuchen kommen, da ich noch so viel Arbeit im Garten habe.“). Jedoch möchte ich es von Ihnen bereichern lassen und dies auch meinen eigenen Kindern vermitteln.
Es sind viele, kleine entscheidende Momente des Innehaltens, die zu diesem Ziel führen. Wenn ich bei einem Spaziergang stehen bleibe und zu meinem Sohn sage: „Schau mal, ein Sonnenhut.“ Wenn ich bei einer Distel verweile und spielerisch jammere: „Au… die hat mich gepikst!“ oder bei den Gänseblümchen im Garten: „Komm wir pflücken und essen die!“

Vielmehr muss ich nicht tun… Ich nenne es „die Schule der Achtsamkeit im Alltag.“, ein paar Sekunden Aufmerksamkeit, statt achtungsloses Vorbeiziehen, ein paar Momente des Staunens, statt gelangweilten Umherschleifens. Und dann kommt es von alleine, wenn wir beim nächsten Garten angekommen sind und mein Sohn wieder einen Sonnenhut entdeckt ruft er vor Begeisterung: „Mama, schau, ein Sonnenhut.“ Momentan löchert er mich mit der Frage: „Mama, wie heißt die Blume? Mama, wie heißt der Baum…“ Ich kenne schon einige, doch immer wieder muss ich doch sagen: „Ich weiß es nicht.“ „Oma fragen“, meint dann mein Großer. Also frage ich Oma oder schaue im Internet nach. Er ist sehr stolz darauf, die verschiedenen Blumennamen zu kennen – und ich noch mehr! Denn ich habe es tatsächlich geschafft sein Interesse und seine Aufmerksamkeit dafür zu gewinnen, seine Liebe für all das Schöne, das Gott uns schenkt. Es sind Beweise seiner Liebe, die viel zu leicht in der Schnelllebigkeit des Alltags übersehen werden. Es sind Werke eines Künstlers, gemacht um bewundert zu werden und unsere hungrige Seele zu sättigen. Es ist ein Privileg, unseren Kindern diese Liebe zur Natur, zu all dem Schönen mitzugeben. Vom Bewundern gehen Sie einen Schritt weiter zum Umsorgen und Bewahren und sich daran freuen. Der kleine Same, den ich in ihrem Herzen lege, wird bei jedem Spaziergang bewässert, bei jedem Gartenspiel gedüngt. Er wird wachsen und zu einer wunderschönen Blume erblühen. So werden sie einst nicht nur über die Blumen, sondern auch über die Wolken reden, über die Tiere und den Sonnenaufgang. Wie einst mein Sohn bei einer Autofahrt voller Begeisterung aus dem Fenster zeigte: „Mama, schau…“ „Oh schön, ein Sonnenuntergang. Der ist rosa und gelb und blau… wie schön!“, antwortete ich. „Das hat Gott gemacht“, war seine Aussage! Was will ich mehr???
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