Perfektionismus
Perfektionismus
Endlich frei vom Perfektionismus (Cornelia Mack)
Typische Merkmale:
DENKEN
- Definieren sich über Leistung, Erfolg und Außenwirkung (darf nie müde und erschöpft sein, ständig im inneren Wettkampf mit anderen, muss immer alles besser können, gibt kein Mittelmaß)
- Fällt schwer, abzuschalten, zu schlafen, fühlt sich getrieben, Burnoutgefahr
- Ständig innerer
Druck, alles im Griff haben zu müssen, sich verbessern zu müssen
Selbst scheinbare Hobbies können Druck erzeugen z.B. im Sport immer besser zu werden. - Leben voller Regeln: Ich muss…
- Fällt schwer, Lob anzunehmen (hätte es noch besser machen müssen)
- Kann schlecht mit eigenen und fremden Fehlern umgehen (Fehler als Liebesblockade, Liebe ist an Bedingungen geknüpft, unbarmherzig mit andern und sich selbst)
- Selbstzweifel, Selbstabwertung, Schuldgefühle, negative Selbstbotschaften als verinnerlichte Fremdbotschaft (durch Erziehung). Aussagen anderer werden als Kritik oder Apell interpretiert.
- Überhöhte Erwartungen an sich selber und andere (auch an geistliche Erfolge)
EMOTIONEN
- Gefühl, Opfer der vielen äußeren Pflichten und Zwänge zu sein.
- Stolz: Hilfsbedürftigkeit bei sich selbst wollen sie nicht zugeben, alles alleine machen
- Können nicht genießen (sich fallen lassen, lachen…), wäre Zeitverschwendung, machen oft gehetzten und getriebenen Eindruck.
- Oft Ärger und Wut über die Schlampigkeit und Unordnung anderer (= Schutzmauer vor eigenen Schwächen) Unzufriedenheit/Unbarmherzigkeit mit sich selbst, die Mitmenschen und die unperfekte Welt.
- Wenn man selber wirklich ausfällt (z.B. wegen Krankheit), hängt trotzdem alles an einem, weil die anderen so unselbständig gehalten wurden. Will wichtig sein: Ohne mich läuft hier gar nichts Immer stärkere Belastung: Alles muss ich alleine tun. . Nimmt anderen die Möglichkeit zum Engagement. Kann schwer Hilfe annehmen. Größenwahn!
- In Freundschaften meist die Gebende. Will aber auch mal schwach und empfangend sein dürfen.
- Knüpft Liebe an Bedingungen z.B. Kinder oder Ehemann gegenüber.
VERHALTEN
- Kritik, Nörgeln, Be- und Verurteilen, Fremdbeschuldigung und –Abwertung, um sich selbst besser zu fühlen (bekämpfe beim anderen, was ich bei mir nicht anschauen will), überdecke meine eigene Unzulänglichkeit und kritisiere, was ich bei mir selbst verachte, was ich selber nie durfte (verdrängte Schattenseite).
- Viele Pläne und Listen, um sich sicher zu fühlen
- Übernimmt Aufgaben und Verantwortung, weil andere es nicht so gut machen wie man selbst, man anderen nichts zutraut
- Überfordern sich oft selber durch zu hohe Ziele und Erwartungen anderer (auch hohe Ziele im Beruf)
- Kontrollzwang: kontrolliere andere, weil ich ihnen nichts zutraue z.B. Haushalt, mit Kindern
FOLGEN DES PERFEKTIONISMUS:
- Verlust der Kreativität: Perfektionisten legen sich selbst, ihrer eigenen Seele, so viele Lasten auf, dass sie keine inneren Freiräume mehr haben, in denen die Seele zum Schwingen oder Spielen kommt.
- Einsamkeit: Verbaut sich selber den Weg zu Nähe und Gemeinschaft durch Abwehrhaltung
- Fällt es schwer, in der Gegenwart zu leben. Entweder Rückschau oder Vorschau.
- Gefahr zu Workaholics
- Angst vor dem neuen Tag mit seinen Anforderungen. (z.B. Prüfungsangst)
- Neigung zu Burnout und Depression: Tiefe Erschöpfung (Lust- und Kraftlosigkeit, Frustration, Reizbarkeit…)
- Gestörter Körperbezug: Missachtung der eigenen körperlichen Bedürfnisse um Ziele zu erreichen: zu wenig Schlaf, Essen, Pausen.
- Zwanghaftes Einhalten von Regeln und Ritualen z.B. Wasch- und Putzzwänge, Ordnungsdrang (ansonsten wird inneres Sicherheitsgefühl bedroht).
AUßENWIRKUNG VON PERFEKTIONISTEN:
- Unnahbar, unwohl, unmenschlich, distanziert, glatte Fassade, unerreichbar, weil sie eine ideale Welt präsentieren
- Wollen und können anscheinend alles richtig machen
- Haben hohe Erwartungen, heimliche Forderungen, unerreichbare Ziele
- Geben anderen (verbal und nonverbal) das Gefühl, alles falsch zu machen und nicht gut genug bzw. minderwertiger zu sein, damit man sich selber besser fühlt, andere werden abgewertet
URSACHEN FÜR PERFEKTIONISMUS:
- Beugt sich gesellschaftlichen Druck und Erwartungen anderer
- Erstgeborene in der Geschwisterfolge(Verantwortung, Einsatzbereitschaft und vorne dran sein von Anfang an, hohe Erwartung der Eltern)
- Strenge, leistungsbezogene, moralisierende Erziehung: Liebe/Aufmerksamkeit wurde an Bedingungen geknüpft. Die tiefe Sehnsucht nach Geliebtwerden treibt sie zu permanenter Leitung und ständigen Tun an und versetzt sie in innere Unruhe. (Aber auch antiautoritäre, chaotische Erziehung)
- Religiöse Enge: Erziehungsregeln werden mit religiösen Überzeugungen verknüpft
- Sehnsucht nach Vollkommenheit: Ich muss die Welt retten
WEGE AUS DEM PERFEKTIONISMUS:
- Führt oft durch Zerbrüche, Scheitern, Krisen
- Erkennen, dass Gott mich erlöst hat und ich mich nicht selbst erlösen und beweisen muss (Selbstrettung). Gott liebt sogar da, wo ich mich selbst verurteile
- Leben in der Gegenwart
- Selbstannahme und Annahme anderer ohne Vorbedingung/Leistung
- Freiheit des Loslassens. Vom TUN zum SEIN kommen. Mein Leben wird nicht wertvoller, durch ständige Erfolge oder Ergebnisse.
- Nähe zu Menschen zulassen, mich ihnen in meinen Schwächen zeigen, weil ich mich angenommen weiß (wenn Menschen sich verletzlich zeigen, nicht durch Ratschläge oder Vorwürfe abwehren).
- Nicht immer nach den Erwartungen anderer handeln, Nein sagen können
- Beziehung durch Echtheit, (Hilfs-)Bedürftigkeit, Bereitschaft zu eigenen Schwächen, Müdigkeit, Erschöpfung und Ohnmacht zu stehen, herstellen. Freiheit der Unvollkommenen.
- Genießen dürfen, Pausen machen (auch im täglichen Tagesablauf), Humor zulassen, Leben feiern (Sonntag), Eigene Kraftquellen leben,
Genießermomente finden und einbauen, Zweckfreies Sein, spielerisch kindlich
sein dürfen,
Gerade in solchen „nutzlosen“ oder „ergebnislosen_“ Zeiten geschieht oft besonders viel. Wir entdecken uns „an sich“. Wer bin ich ohne? Ohne Tätigkeit, ohne Beschäftigung, ohne Ablenkung, ohne Stress? Nur wer genießen kann, ist auch zu genießen.
Mehr Zeit für Langsamkeit, Lachen, Nachdenken. - Grenzen akzeptieren: sich mit der Mittelmäßigkeit anfreunden, Teilziele entwickeln, Fehler positiv sehen und sich dafür entschuldigen, darf auch etwas unfertig ruhen lassen.
- Leichtigkeit, Dinge sein
lassen, Wörter wie Müssen und Sollte streichen.
Je gelassener ein Mensch werden kann, desto echter kann er auch sein. - Anschauen, was hinter Perfektionismus steckt und
Wunden heilen lassen: Verletzungen, Ängste, Einsamkeit…? Selbstunsicherheit
und Misstrauen in eigene Fähigkeiten.
eigenen dunklen Schatten anschauen/das Anschauen, was in mir negativ ist. - Unterstützung annehmen, bewusst machen, dass wir Empfangende und Beschenkte bei Gott sind. Dankbar sein.
- Andere Menschen loben
- Kindheitsprägungen entlarven und entmachten:
DIE POSITIVE SEITE DES PERFEKTIONISMUS
- Fehler und Kritikpunkte in Arbeit oder Projekten werden frühzeitig erkannt
- Sehen Not und wo sie angegangen werden muss
- Sind oft Leiter von Kursen, halten Vorträge oder schreiben Bücher
Zitate:
- Wer perfekt ist, wird vielleicht bewundert, aber nicht geliebt! Die Fehlerhaftigkeit eines Menschen macht ihn ja oft gerade erst richtig liebenswürdig.
- Wer hochgebildet ist oder ein starkes ästhetisches Empfinden hat, leidet unter der Diskrepanz von Möglichkeit und Wirklichkeit häufig mehr als andere und ist oft auch schneller beim Verurteilen.
- In jedem Menschen steckt eine tiefe Sehnsucht danach, so sein zu dürfen, wie man ist.
- Wer sich
selbst kennt, kennt die ganze Welt und hat den Schlüssel zu aller Menschen
Herzen. Wer sich selber in den tiefen Schichten seiner Persönlichkeit erkennt,
wird barmherziger.
(Balken im eigenen Auge: Mt 7, 3-5) - Wer seine eigenen Schwächen kennt, der kann auch schwierige und unsympathische Menschen lieben lernen. Wer dauernd mit anderen Menschen Probleme hat und mit ihnen nicht zurecht kommt, der hat ganz viele eigenen Schattenseiten noch nicht erkannt und angenommen. Kämpft gegen unbewältigte Dinge bei sich selbst.
- Die Zuneigung der Menschen zueinander wächst, je mehr sie voneinander erfahren.
- Du lebst nicht von deinen Leistungen und stirbst nicht an deinem Versagen, sondern du lebst von Gottes grenzenloser Güte.
- Menschen, die in der Lage sind, sich von unerreichbaren Zielen zu lösen, sind glücklicher als solche, die verbissen daran festhalten.
- Solange wir perfekt sein wollen, sind wir gefangen. Wenn wir aber lernen loszulassen, echt zu sein, dann fangen wir erst richtig an u leben. Dann bricht Verborgenes hervor, auch versteckter Humor und emotionale Schätze. Es ist, als ob ein Glullydeckel, der bisher eine Quelle versteckt hat, angehoben wird und die Quelle zu fließen beginnen kann.
- Wer nicht im Frieden mit sich selber ist, befindet sich notwendigerweise auch mit anderen im Kriegszustand.
- Ich bin geliebt – mit Fehlern.
- Gott liebt dich brutto, nicht netto.
- Gott liebt uns nicht, weil wir so wertvoll sind. Aber wir sind wertvoll, weil Gott uns so liebt. (Bonhoeffer)
Erinnerungen an seine Schattenseiten einrahmen, aufhängen mit Botschaft:
Das ist Teil meiner Geschichte, aber es beeinträchtigt mich heute nicht mehr. Ich bin heute ein Mensch mit Würde. Mein Wert hängt nicht mehr davon ab.
Perfektionismus in der Bibel:
Pharisäer, Wort: Selbstgerechtigkeit, „Leben im Fleisch“. ff
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