Wie Gott seinen Weg mit mir ging: Die heilige Kirche und ihre heimlichen Ungerechtigkeiten
Ich kann wirklich nicht klagen. Ich lebe in einem Land, in dem ich sehr privilegiert bin und mich eigentlich nicht bezüglich Ungerechtigkeit beschweren könnte: Mein Kampf besteht darin, dass wir kein Essen aus unserem Überfluss wegwerfen, dass wir auch in Coronazeiten überlegen, welches neue Auto wir kaufen und wie wir unser neues Haus bauen. Davon kann der Großteil der Weltbevölkerung nur träumen.
Meine Geschichte
Wenn ich in diesem Blog von Ungerechtigkeit spreche, meine ich eine andere, viel verstecktere Dimension. Es handelt sich nicht um eine Ungerechtigkeit, welche nicht die äußere Existenz bedroht, jedoch den inneren Herzensfrieden. Ich gebe euch einige Beispiele:
Ich wurde als Baby katholisch getauft und war, wie meine gesamte Familie katholisch. Ich studierte katholische Religionspädagogik und schloss als zweitbeste des Kurses ab. Das große Problem: Ich war in einen jungen Mann verliebt und mit ihm liiert, welcher einer Freikirche angehörte. Er war wie ich überzeugter Christ und lebte dies auch in seinem Alltag. Manchmal kam er mit, wenn ich mich mit meinen Mitstudenten in der Freizeit traf, wir über Gott und die Welt diskutierten. Auch er brachte (für meine traditionell gläubigen Mitstudenten) so manche herausfordernden Gedanken ein, erzählte von seinen Begegnungen mit Gott. Er wollte mit mir einen Alphakurs auf dem Campusgelände starten. Dazu fragten wir den Studentenpfarrer, welcher unser Vorhaben entsetzt ablehnte.
Als ich mich nach vier Jahren Studium um eine Anstellung bei der Katholischen Kirche bewarb, wurde ich ohne Begründung abgelehnt. Ich war geschockt und entsetzt (v.a. weil mit diesem Studium kaum weitere Berufsmöglichkeiten vorhanden sind). Auf meine schriftliche Anfrage nach dem Grund der Ablehnung wurde mir nur mitgeteilt, dass es noch andere als fachliche Voraussetzungen für eine Anstellung bräuchte. Damit wurde ich abgespeist.
Einige Zeit später erfuhr ich von einem Studienkollegen und damals engen Freund (dem auch ich regelmäßig über meine Glaubenserfahrungen berichtet hatte), dass er die Einschätzung des Hochschulpfarrers zu meinen theologischen Aussagen gesucht hätte. Ähnlich war es auch mit einem anderen Mitstudenten, welcher damals unser Kursleiter war. Der Hochschulpfarrer wiederum leitete alle Informationen über mich und meine „angeblichen kritischen Aussagen“ an die Diözese weiter, ebenso dass ich mit einem „Freikirchler“ zusammen wäre.
Meine damalige Praktikumsbegleiterin, zu der ich ein sehr enges Verhältnis hatte (und dies bis zum heutigen Tag aufrecht erhalte) bestätigte mir einige Monate später meine Vermutung: Ich habe die Information aus der Diözese: „Du hast keine Anstellung bekommen, da du dich zu sehr in freikirchlichen Kreisen bewegst.“
In mir steht eine Kraft auf, die schreit: Ungerechtigkeit!!! Was mich dabei wie ein Pfeil traf, war nicht so sehr die Ablehnung an sich, sondern:
- Dass mir der tatsächliche Grund verschwiegen wurde, bzw. ich ihn nur hinten herum von anderen Personen erfahren hatte.
- Dass geglaubte Freunde und Mitstudenten, zu denen ich eine herzliche und freundschaftliche Beziehung hatte, denen ich mich in meinen Glaubenserfahrungen öffnete und meine tiefsten Überzeugungen anvertraute, mich „verrieten“ und in den Rücken fielen.
- Dass eine andere Studentin, (welche viel schlechtere Noten hatte als ich) mir vorgezogen wurde, da sie einen katholischen Freund hatte.
- Dass mir einige Monate später doch eine Stelle von der katholischen Kirche angeboten wurde- allerdings in einer Berufsschul-Brennpunktschule. Damals wären die Schüler nicht viel jünger gewesen, als ich selbst. Ich hatte den Mut und das Selbstbewusstsein, abzusagen, obwohl noch keine Alternative in Sicht war.
Wie gehe ich mit persönlicher Ungerechtigkeit um?
Zu meinen Gefühlen stehen, Menschen damit konfrontieren
Dass mir Ungerechtigkeit widerfahren ist, besonders von scheinbar gläubigen Menschen, tut besonders weh. Gott forderte mich heraus, die Menschen damit zu konfrontieren, einen Brief an das Ordinariat zu schreiben, mit dem Mitstudenten ins Gespräch zu kommen. Für mich selbst war es so wichtig, mich nicht einfach nur zurück zu ziehen, nicht einfach nur beleidigt zu schlucken (was der bequemere Weg gewesen wäre), sondern klar anzusprechen, was ich empfand. Das kostete Mut. Es war auch wiederum schmerzhaft, dass keine Einsicht auf Seiten des Ordinariates vorhanden war, ich den wahren Grund für meine Absage nie aus ihrem Mund erfahren habe (sondern wie gesagt über Ecken), obwohl ich so sehr nachbohrte.
Aber es half mir, die Angelegenheit nach all den Klärungsversuchen abzuschließen. Ich wusste, ich hatte von meiner Seite aus alles versucht.
Gott forderte mich heraus zu vergeben. Das war wohl der schwerste Schritt: die Ungerechtigkeit loszulassen nicht nur einmalig, sondern immer wieder, Heilung in mein Herz strömen zu lassen, nicht verbittert zu werden, auch die Freundschaft mit meinem Mitstudenten nicht aufzugeben… , Anzuerkennen, dass auch die Kirche Jesu nur aus sündigen Menschen besteht und das akzeptieren. Wieder loslassen…
Aber dadurch konnte ich erfahren: Mein Leben ist nicht von der Gunst eines Arbeitgebers abhängig, nicht von der Kirche, nicht von anderen Menschen. Gott alleine hält mein Leben in seiner Hand. Ich durfte sprichwörtlich erleben: „Von allen Seiten umgibt er mich und hält seine Hand über mir.“ Ps. 139, 5. Wie Josef kann ich heute sagen: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen (Aus Neid? Aus Eifersucht?). Gott aber gedachte es gut mit mir zu machen.“ (1. Mo 5, 20) Niemanden ist es möglich, Gottes Pläne mit meinem Leben zerstören! Er wird immer siegen!
Er eröffnete mir neue, viel wunderbarere Wege, die ich mit einer Anstellung bei der Kirche niemals beschritten hätte. Auf mich wartete ein riesiges, unvergessliches Abenteuer mit Straßenkindern in Indien. Diese Erfahrungen sollten mein Leben für immer verändern… Außerdem folgte noch ein Studium als Evangelische Religionspädagogin und als Grundschullehrerin. Gott wusste, was besser zu mir passen würde, womit sich mein Herz viel mehr identifizieren konnte, wo ich ganz ich selbst sein durfte, wo ich glücklich aufblühen konnte. Seine Wege sind so viel höher als unsere (Jes 55,8)!
Heute bin ich wirklich wirklich angekommen!
Dankbarkeit
Ich bin mittlerweile im Rückblick sogar dankbar für diese Absage, auch wenn sie immer noch ungerecht bleibt. Doch sie forderte mich heraus, mehr vom Leben zu erwarten, noch größer zu träumen, noch mehr diejenige zu werden, die ich heute bin, noch tiefer von Gottes Führung abhängig zu sein, mehr in meinem Chrakter zu reifen. Stärke, Mut und tiefe Dankbarkeit durchströmen mich heute.
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