Leiden-schaf(f)t
Wäre ich nicht verlassen,
nie wäre ich in den herabgekommenen Gassen
von Indien gewesen,
wo das Leben dieser kleinen Wesen,
Berührung hatte mit dem meinen,
weil wir bis heute etwas teilen: Tränen, die nicht mehr weinen.
Wie nur könnte ich heute die Geschichten der Menschen verstehen,
wie könnte ich ihre Probleme wirklich sehn,
hätte ich nicht dieselben gehabt. Hätte ich nicht mit ihnen gefragt:
Mein Gott, wo bist du? Warum lässt du das zu?
Warum nimmst du mir das Wertvollste, das ich hab?
Warum gibt es Liebe, die starb?
All das Leid, all die vergangene Zeit.
Sie konnte mich nicht zerbrechen,
sie machte mich stark, schenkte mir ein weiches Lächeln.
Ohne Leid, kein Mitleid.
Ohne Verletzung, keine Heilung.
Ohne Trauer und verwahrlost, keinen Trost.
Ohne Dunkelheit, kein Licht und
keinen Gott, der zu mir spricht: Ich vergesse dich nicht.
Hätte ich nicht all die Verzweiflung erfahren,
wäre ich heute nicht so verletzbar und empfindsam.
Ich wäre innerlich arm.
Wäre das Sandkorn nicht gewaltsam in die Muschel gedrungen,
hätte ich niemals diese Perle gefunden.
Was wäre ich heute? Wer wäre ich heute in diesen Stunden,
ohne meine Geschichte, ohne meine Wunden?
Ein Teil meines Lebens, sie gehören zu mir,
wie der Henkel zur Tür,
wie mein Herz, ich dachte, dass ich es verlier,
doch heute, viel tiefer noch spür.
Sie öffnen mich, weiten mich, eröffnen neue Räume
von denen ich nicht nur träume.
Hier stehe ich, danke für die Krone,
weil ich nun wahrhaft in meinem Leben wohne.
Weil ich spüre, dass es echte Heilung gibt,
die vergibt, die loslässt, die irgendwann nicht mehr schmerzt.
Tiefer Friede, echte Freude wohnt in meinem Herz.
Und du hältst mich fest.
27.03.2023 @ Sandra Hüttenrauch
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